Sounds mit Substanz und stabile Sofas
Gäste:innen, die „kübelweise“ Champagner ordern. DJs, die in manchen Nächten keinen einzigen Hit auflegen. Was das Hamburger Abendblatt 2009 in einer Reportage über den "angesagtesten Kiez-Club“ beschrieb, wirkte auf manche:n erstmal widersprüchlich. Aber war's das auch? Der Flirt zwischen eleganten Nachtclub-Vibes und (auch) alternativerer Clubmusik schien sich zum Markenzeichen des moondoos zu entwickeln. Vor allem freitags...
In den Nullerjahren war es oft so: Clubs, die Wert auf hochwertiges Interior Design legten, setzten in der Regel auf Hits - man wollte das Party-Establishment nicht verschrecken. In Clubs wiederum, die musikalisch oft den sehr viel spannenderen Sound repräsentierten, konnte einem mit Pech das abgerockte Sofa unterm Hintern zusammenbrechen. Wir wollten beides: Sounds mit Substanz und stabile, schöne Sofas.
Gegensätze ziehen sich an
Die Sofas hatten wir schon, nun ging es um den Sound. Indem wir freitags alternativeren Songs ihren Raum gaben, die nur ab und an von Hits aufgebrochen wurden, und samstags umgekehrt vorgingen, passte das moondoo bald in keine der gängigen Club-Kategorien ("Mainstream", "Underground") mehr rein, sondern bildete eine eigene Zwischenform, die trotz (oder aufgrund) ihrer Gegensätzlichkeiten Resonanz erzeugte.
Neue Impulse von außen
Weil nicht viele DJs aus Deutschland in der Lage (oder interessiert daran) waren, genrefluiden Sound zu spielen, ließen wir freitags zunehmend Guest-Acts einfliegen, z.B. die Electro-/Funk-Producers/DJs Kraak & Smaak (Leiden/NL), das Indietronic-Projekt Zero 7 (London), die Funk-Band Smoove & Turrell (Newcastle), „DJ’s DJ“ Andy Smith (Bristol) und Emile Aumard (Radio nova, Paris), der bald alle zwei Monate auflegen sollte. Samstags setzten wir auf den New Yorker Charlie Funk, dessen Sets unfassbare Energien freisetzten. Im Basement traf sich samstags die Gay-Community zu (und vermutlich auch bei) "136 Grad", irgendwann, so gegen 3 Uhr, begannen sich die beiden Ebenen oft zu mischen.
Jede Menge Highlights
Im Verlauf dieses Clubjahrs fanden unzählige große und kleine Nächte statt, die dem moondoo dabei halfen, sich als eigenständiger Club zu festigen, darunter die Release-Party zur CD„Club Tikka Vol. 1“, die von Mr. Mellow, Resident-DJ der gleichnamigen funky Clubnacht, kompiliert wurde, unser erstes Reeperbahn Festival (ft. Oceana, The New Mastersounds und Marteria) und die Red Bull Live Session (ft. Curse, Fetsum und DJ Julian Smith, der bald darauf eine Residency aufnahm) und die House-Serie „MidnightBeats“ ft. Syke’n’Sugarstarr, D.O.N.S. und einem sehr jungen, schon damals von House Music beseelten Tom Shark.
Unvergessen ist auch der Abend, als uns die Nachricht von Michael Jackson Tod erreichte und DJ Marc Hype für den Rest seines Sets Jackson-Songs spielte, die „Sternennacht“, der glamouröse Turn up des Hamburger Beauty- & Fashion-Magazins TEASER und eine Party (oder Orgie?) im Basement, die in Sachen Style-Faktor deutlich näher an Old Street in London lag als an Hamburg - „Die Bruderschaft“.